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Ausgangslage

Leitfaden zur Schweigepflicht

Status: definitiv

Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern

Rechtsamt, Februar 2014

Schweigepflicht Leitfaden Gesundheitsfachpersonen

Ausgangslage

Status: definitiv

EINLEITUNG

Gesundheitsfachpersonen sind unabhängig von der Art und vom Ort ihrer Tätigkeit an eine berufliche Schweigepflicht gebunden. Sie unterliegen dem Berufsgeheimnis entweder nach der Straf- und/oder nach der Gesundheitsgesetzgebung.

Alle Daten, die Fachpersonen im Rahmen ihrer Tätigkeit über Patientinnen und Patienten erfahren, unterliegen der Schweigepflicht. Grundsätzlich muss die Fachperson immer, wenn sie Informationen aus dem Behandlungsverhältnis an Dritte weitergeben will, zuerst die betroffene Patientin oder den betroffenen Patienten um eine entsprechende Einwilligung ersuchen. Ist eine solche Einwilligung nicht erhältlich, muss bei der zuständigen Aufsichtsbehörde, d.h. im Kanton Bern beim Kantonsarztamt, um eine Befreiung von der Schweigepflicht ersucht werden (vgl. Abschnitt C Ziffern 3 und 4).

In gewissen Situationen haben Fachpersonen gestützt auf eine gesetzliche Grundlage die Pflicht oder das Recht, Meldungen vorzunehmen oder Auskünfte zu erteilen. Im vorliegenden Leitfaden werden die wichtigsten Konstellationen erläutert.

GESETZLICHE GRUNDLAGEN

  • Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0): Artikel 321
  • Gesundheitsgesetz vom 2. Dezember 1984 (GesG, BSG 811.01): Artikel 27 und 28
  • Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG; SR 811.11): Artikel 40 Buchstabe f

WOZU DIENT DIE SCHWEIGEPFLICHT?

Bei der Schweigepflicht geht es einerseits um den Schutz der Geheimsphäre der Patientinnen und Patienten. Geschützt wird aber auch die Fachperson, da es zu ihrer persönlichen Freiheit gehört, dass sie über die erfahrenen Geheimnisse Schweigen bewahren darf. Die Schweigepflicht stellt eine wichtige Grundlage für das Vertrauensverhältnis dar, welches zwischen behandelnder Fachperson und Patientin oder Patient besteht. Dies fördert ein generelles Vertrauen in eine fachgerechte Ausübung der Gesundheitsberufe: Letztlich können diese Berufe nur dann fachgerecht ausgeübt werden, wenn die Patientinnen und Patienten Vertrauen in den Berufsstand haben können. Nur wer sich darauf verlassen kann, dass die anvertrauten Geheimnisse gewahrt werden, wird sich einer Fachperson wirklich voll anvertrauen und damit erst deren Arbeit ermöglichen.

WELCHE INFORMATIONEN WERDEN VON DER SCHWEIGEPFLICHT ERFASST?

Alle Daten, die Fachpersonen im Rahmen ihrer Tätigkeit über Patientinnen und Patienten erfahren, unterliegen der Schweigepflicht. Bereits die Tatsache, dass zwischen einer Person und einer Fachperson überhaupt ein Behandlungsverhältnis besteht, unterliegt der Schweigepflicht. Aus diesem Grund sollen z.B. für die Korrespondenz mit Patientinnen und Patienten Briefumschläge ohne Absender (oder lediglich mit Initialen versehene) verwendet werden.

WELCHE PERSONEN UNTERLIEGEN DER SCHWEIGEPFLICHT?

5.1 Berufliche Schweigepflicht nach Artikel 321 Strafgesetzbuch
Das StGB unterstellt lediglich bestimmte Berufsgruppen sowie deren Hilfspersonen einer strafrechtlich geschützten Schweigepflicht. Aus dem Bereich der Gesundheitsfachpersonen sind dies:

  • Ärztinnen und Ärzte
  • Zahnärztinnen und Zahnärzte
  • Apothekerinnen und Apotheker
  • Hebammen und Entbindungspfleger

Hilfspersonen sind alle Personen, die eine der oben genannten Personen bei deren Berufstätigkeit unterstützen, z.B. indem sie delegierte medizinische Tätigkeiten ausführen, und dabei Kenntnis von den geschützten Informationen erhalten (z.B. Pflegefachpersonen, Medizinische Praxisassistentinnen und –assistenten, Sekretariatsangestellte, Buchhalterin etc.).

5.2 Schweigepflicht nach Artikel 27 Gesundheitsgesetz
Von der Schweigepflicht nach GesG werden alle Gesundheitsfachpersonen erfasst (nachfolgend: Fachpersonen). Gesundheitsfachpersonen sind Personen, die eine Tätigkeit ausüben, für die sie eine Berufsausübungsbewilligung benötigen. Eine Aufzählung dieser Tätigkeiten findet sich in Artikel 2 der Gesundheitsverordnung (Gesundheitsverordnung, GesV, BSG 811.11).

Inhaltlich unterscheidet sich die Schweigepflicht nach Gesundheitsgesetz nicht von jener nach Strafgesetzbuch; unterschiedlich sind – wie ausgeführt – einerseits die betroffenen Personen und andererseits die Folgen einer allfälligen Verletzung der Schweigepflicht.

5.3 Wahrung des Berufsgeheimnisses nach Medizinalberufegesetz
Das MedBG gilt für folgende universitären Medizinalberufe:

  • Ärztinnen und Ärzte
  • Zahnärztinnen und Zahnärzte
  • Chiropraktorinnen und Chiropraktoren
  • Apothekerinnen und Apotheker
  • Tierärztinnen und Tierärzte

Das MedBG hält in Artikel 40 Buchstabe f als Berufspflicht lediglich fest, dass Personen, die einen universitären Medizinalberuf selbstständig ausüben, das Berufsgeheimnis nach Massgabe der einschlägigen Vorschriften (also Straf- und Gesundheitsgesetzgebung) zu wahren haben.