Zum Inhalt

Verbrennung

Verbrennung

Status:  zu Prüfen

Ziele

  • Koordiniertes Vorgehen aller an der Behandlung beteiligten Personen
  • Förderung des Wundheilungsprozesses, Vermeiden von Komplikationen
  • Einheitliches Vorgehen bei Diagnostik, Therapie und Wundbehandlung

Definition

Gewebeuntergang (teilweise oder komplett) durch Einwirkung von Hitze, Strom oder Strahlung; hierdurch bedingte Schädigung der Haut und tiefer liegende Gewebeschich ten sowie ihrer Anhangsgebilde

Beurteilung

Der Schweregrad bemisst sich nach Ausmass und Tiefe der verbrannten KOF (Körperoberfläche). Begleitende Verletzungen verstärken das Trauma.

  1. Berechnung der verbrannten KOF nach Neunerregel und/oder Handflächenregel
  2. Einschätzung der Verbrennungstiefe (siehe Gradeinteilung)
  3. Weitere innere Verbrennungen /Verätzungen/toxische Schäden (z.B Inhalationstrauma(häufig!)), Säure/Laugeningestion
  4. Begleitverletzungen (Frakturen)

Lokalbefunde

(Angabe der Tiefenausdehnung in römischen Zahlen)

Einteilung Klinisches Bild Verbrennungstiefe
I. Grad („superficial“) Rötung: lokales Ödem, keine offenen Gewebsdefekte oberflächliche Epithelschädigung ohne Zelltod
II. Grad (“partial thickness-superficial”)
IIa oberflächliche dermale Verbrennung
Blasenbildung, unter der Dermis, vereinzelt Epithelnektrosen, klare wegdrückbare Rötung, Ödemausildung durch „capillary leak“, feucht-nasser Wundgrund, starker Wundschmerz Schädigung der Epidermis und oberflächlicher Anteile der Dermis mit Sequestrierung
IIb tiefe dermale Verbrennung Blasenbildung oder zerstörte Blasenreste, Wundgrund blass bis blassrötlich, trockener Wundgrund, Sensibilität wird schwächer, schmerzhaft, Gefühl wie Nadelstiche, spontane Regeneration möglich Weitgehende Schädigung der Dermis unter Erhalt der Haarfolikel und Drüsenanhängsel
III. Grad („partial thickness deep“) Nekrose: nach Wundreinigung sind diese weiss-gelblich, oft trockene, zerstörte Epidermis; keine Schmerzen, keine Rekapitalisierung nach Fingerdruck Vollständige zerstörung von Epidermis und Dermis
IV. Grad Nekrosen aller Hautschichten und der darunter liegenden Strukturen, z.B. Muskeln, Sehnen, Knochen Zertstörung weitgehender Schichten mit Unterhautfettgewebe, evtl Muskeln, Sehen, Knochen und Gelenken

Therapie

1. Lokaltherapie:

Grad I:

  • sofortige lokale Kühlung (18-20 Grad C) mit Leitungswasser oder feuchten Tüchern, Dauer: bis Patient dies als unangenehm empfindet
  • im weitern Verlauf ggf. feuchtigkeitsreiche Lotionen (Öl-in-Wasser-Emulsion) auftupfen

Grad IIa:

  • Debridement/Reinigung mit desinfizierenden Lösungen, z.B. mit den Wirkstoffen: Octenidin oder Polyhexanid, bei grossflächigen Verbrennungen, Einsatz von (Lokal-)Analgesie.
  • Blasenabtragung zur genauen Diagnose des Wundgrundes.
  • Erstverband für 24 Stunden mit atraumatischen Verbandmaterialien und antiseptischen Lösungen (siehe oben) oder Zubereitungen (z.B. Gel)
  • Erster Verbandwechsel nach 24 Stunden (Kontrolle der Wunde auf „after burning“)
  • Ggf. Abdeckung der gereinigten Wundfläche mit semi-okklusiven Verbandmaterialien (siehe „Produktanwendungsstandard“)

Grad IIb:

  • Identisch mit Grad IIa bei kleineren Verbrennungsflächen (<1% KOF)
  • Abhängig vom Gesamtzustand des Verletzten möglichst frühzeitig operative Behandlung (Nekrosenabtragung, zügige Hauttransplantation), schnellstmögliche Verlegung in ein Brandverletztenzentrum. Versorgung bis dahin: steriler Verband, ggf. kühlend und nicht mit der Wundeverklebend (atraumatische Verbandmaterialien bevorzugen)

Grad III+IV:

  • Steriles Abdecken der Wunde
  • Nach Stabilisierung der Vitalfunktionen und Herstellen einer Transportfähigkeit des Patienten schnellstmögliche Verlegung in ein Brandverletztenzentrum (siehe unten)
  • Frühzeitige operative Behandlung (Nekrosenabtragung, zügige Hauttransplantation

2. Indikation zur Verlegung in ein Spezialzentrum für Schwerbrandverletzte

  • Alle Patienten mit Verbrennungen an Gesicht/Hals, Händen, Füssen, Ano-Genital-Region, Achselhöhlen, Bereiche über grosse Gelenke oder sonstiger komplizierter Lokalisation
  • Patienten mit mehr als 15% zweitgradig verbrannter Körperoberfläche
  • Patienten mit mehr als 10% drittgradig verbrannter Körperoberfläche
  • Patienten mit mechanischen Begleitverletzungen
  • Alle Patienten mit Inhalationsschaden
  • Patienten mit schweren Vorerkrankungen, z.B. das Lungen und Herz- und Gefässsystem betreffend wie COPD, Herzinssuffizienz, Hypertonie, oder Alter unter 8 Jahren bzw. über 60 Jahren
  • Alle Patienten mit elektrischen Verletzungen

3. Organisation der Verlegung:
Anruf beim nächsten Brandverletztenzentrum, nächste Rettungsleitstelle oder zentrale Bettenvermittlung über die Zentrale Bettenvermittlung für Brandverletzte in Hamburg (ZBB), Telefon: 040/42851-3998, -3999, Fax 040/42851-4269

Unterstützende und begleitende Massnahmen

  1. Schockbehandlung s. Notfallmanagement Verbrennung
  2. Adäquate Schmerztherapie
  3. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Für Schwerverbrannte gilt für die ersten 24 Stunden post Trauma die Baxter Formel: Kg Körpergewicht in Kg X verbrannte Fläche in % X 4ml Ringerlaktat (i.V.)
  4. Nachversorgung
    • Haut und Narbenpflege mit Narbenpflegemitteln und von einer Fachperson angepasster Narbenkompressionsbekleidung bei Grad 2b und Grad 3 Verbrennungen sowie bei Schwellneigungen
    • Psychologische Nachbetreuung
    • vermeiden von Sonnenexposition
    • Physio- und Ergotherapie
    • Ggf. ästhetische Korrekturoperation
    • Kontakt zu Selbsthilfegruppen herstellen (z.B. CICATRIX e.V.)

Hinweise

  • Dieser Standard ist angelehnt an die „Leitlinien für Chemisch / Thermische Verletzungen“ der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin (http://www.verbrennungsmedizin.de)
  • Keine Salben, Lotionen oder Hausmittel auf offene Verbrennungsareale aufbringen
  • Unterkühlung des Körpers im Rahmen der Lokalbehandlung unbedingt vermeiden
  • Wunden nach Verbrennungen sind besonders infektions gefährdet