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Kompression

Kompression bei UCV

Status:  zu Prüfen

Ziele

  • Koordiniertes Vorgehen aller an der Behandlung beteiligten Personen
  • Sach- und fachgerechte Kompressionstherapie an das Krankheitsbild des Patienten angepasst
  • Förderung des Wundheilungsprozesses und der Lebensqualität, Vermeiden von Komplikationen und Rezidiven

Definition

Bewirkt durch Druck auf die venösen Gefässe deren Verengung und somit eine Steigerung/Verbesserung des venösen Blutrückflusses. Ödeme werden reduziert, der venöse Rücktransport gefördert undSchlackenstoffe/Metabolite werden abtransportiert.

Indikationen

a) Therapie

  • Chronisch venöse Insuffizienz Grad 1-3 nach Widmer
  • Postthrombotisches Syndrom (PTS)
  • Primäres/sekundäres Lymphödem
  • Primäre/sekundäre Varikosis
  • Thrombophlebitis
  • Tiefe Beinvenenthrombose
  • Schwangerschaftsödeme
  • Zustand nach invasiver Therapie einer Varikose (z.B. Stripping, Verödung, Lasertherapie)
  • Zyklisches/ idiopatisches Ödem
  • Angiodysplasie

b) Prävention

  • Erkrankungen, bei denen auch eine Thromboseprophylaxe indiziert ist
  • Stauungszustände infolge Immobilitäten (Paresen/Teilparesen der Extremität)

Kontraindikationen

  • Systemische Entzündungen wie z.B. Erysipel, septische Phlebitis
  • Dekompensierte Herzinsuffizienz
  • Fortgeschrittene periphere arterielle Durchblutungsstörung: pAVK im Stadium III-IV nach Fontaine oder Knöchel-Armdruck-Index< 0,5
  • Phlegmasia coerulea dolens

Relative Kontraindikationen

  • Schwere Sensibilitätssörung der Extremität
  • Fortgeschrittene periphere Neuropathie
  • Noch kompensierte pAVK
  • Materialunverträglichkeit

Risiken/Nebenwirkungen

Nicht passende Kompressionsstrümpfe sowie eine unsachgemässe Bandagierung können zu Hautschädigungen, Blasenbildung, Schnürfurchen, Nekrosen, nervalen Druckschäden auf periphere Nerven und ggf. zu einer tiefen Beinvenenthrombose oder zu Druckgeschwüren führen.

Grundsätzliches

  • Der Kompressionsverband erlangt seine volle Wirkung erst in Verbindung mit aktiver Bewegung!
  • Nur unter Aufklärung/Einbeziehung des Patienten kann eine optimale Abheilung des Ulcus cruris venosum gelingen.
  • Beim floriden Ulcus cruris venosum sollte zu Beginn der Therapie in der Entstauungsphase mit der Bandagierung die Kompressionsklasse III erreicht werden. In der Therapie ist diese kräftige Kompression kontinuierlich über vierundzwanzig Stunden zu tragen. Dies gilt sowohl für die Wicklung mit Kurzzugbinden oder Mehrkomponentenfertigverbänden als auch für die Versorgung mit fertigen Strumpfsystemen.
  • Achtung: Medizinische Kompressionsstrümpfe der KKL III müssen über Nacht ausgezogen werden.
  • In der Erhaltungsphase (Prophylaxe) ist die KKLII, also eine mittlere Kompression, meist ausreichend. Die Kompression kann dann über Nacht abgelegt werden.
  • Wenn eine Ödemreduktion stattgefunden hat oder das Ulcus abgeheilt ist, kann eine angepasste Strumpfversorgung erfolgen. Eine Kompressionsbestrumpfung nach Mass ist, wenn eine Beseitigung der Krankheitsursache nicht möglich war, ein Leben lang als Rezidivprophylaxe zu tragen.

Achtung: Sowohl Strumpfsysteme wie auch die Bestrumpfung nach Mass sind erst im Anschluss an eine erfolgreiche Entstauung sinnvoll einzusetzen.

Grundlagen der Bandagierung
Verschiedene Aspekte sind grundlegend für eine jede Wickeltechnik, dem phlebologischen Kompressionsverband (PKV). Der PKV kann als Unter- oder Oberschenkelwickelung angelegt werden. Für viele Indikationen, insbesondere das UCV, ist die Unterschenkelkompression ausreichend. Eine Oberschenkelkompression ist z.B. bei proximal tiefer Beinvenenthrombose, Varikophlebitis im Oberschenkelbereich, nach Varizen OPs sowie Lymphödemen erforderlich.

Unterpolsterung
Nicht nur unsachgemässes Anlegen des Kompressionsverbandes kann Druckschäden mit sich bringen, die zu Druckulcera, Hautnekrosen und Nervenschäden führen können. Selbst eine Kompression, die von einer fachlich versierten Kraft angelegt wurde, kann unbemerkte Einschnürungen, nervale Schädigungen oder Blasen bewirken. Eine adäquate Unterpolsterung beugt diesen unerwünschten Begleiterscheinungen zuverlässig vor. Die Form der zu wickelnden Extremität wird bei der Anlage ebenfalls in Betracht gezogen. Das bedeutet, eventuelle Hervorhebungen oder Absenkungen sind entsprechend dergestalt zu Polstern, dass der gewünschte Druck überall gleichmässig erzeugt wird und auf die Gesamtheit der zu wickelnden Extremität einwirken kann.

Grundlagen der Wickeltechnik

  • Jede Kompression vorab unterpolstern: vor allem Knöchelregion, Tibiavorderkante und Fibulaköpfchen, um Druckulcerationen zu vermeiden
  • Druckpolster und Pelotten können die Effektivität zusätzlich verstärken
  • Keine Verwendung von beiliegenden Fixierklammern (sog. „Schwiegermüttern“) → Verletzungsgefahr! - zum Fixieren des Bindenabschlusses Pflasterfixierstreifen verwenden.
  • Bindenbreite an den Durchmesser des jeweiligen Körperteils anpassen
  • Zur adäquaten Kompression sind mindestens 2 Binden notwendig (je nach Umfang auch mehr!)
  • Ferse immer mit einbinden
  • Bindenanfang mit zwei Kreistouren fixieren
  • Binde mit Rolle nach oben in der Hand liegend führen
  • Abnehmendes Druckgefälle von distal nach proximal herstellen
  • Bindenrolle unmittelbar auf der Haut unter permanentem Zug führen, so dass sich die Binde gleichmässig an das Bein anmodelliert; nicht vom Körper wegziehen
  • Zu straffes Anziehen einzelner Bindentouren stört das Druckgefälle und kann bei Einschnürungen zu einer venösen Stauung (bis hin zur Erhöhung des Thromboserisikos), nervalen Druckschäden oder Nekrosen führen

Indikationen für sofortiges Entfernen der Wickelung

  • Blau- oder Weissfärbung der Zehen
  • Missempfindungen und Taubheitsgefühle
  • Zunehmende Schmerzen
  • Kurzatmigkeit und Schweissausbrüche
  • Akute Bewegungseinschränkunge

Therapie

1. Kompressionsbandagierung

  • Kurzzugbinden: sind unelastisch, erzielen hohen Arbeitsdruck und niedrigen Ruhedruck. Anwendung bei mobilen Patienten, die durch Eigenbewegung einen entsprechenden Arbeitsdruck erzeugen können
  • Langzugbinden: haben ein hohes Dehnungsvermögen bis zu 200%; erzeugen einen niedrigen Arbeitsdruck und hohen Ruhedruck; Achtung: Insbesondere bei immobilen Patienten besteht ein zusätzliches Risiko → Aufgrund des hohen Ruhedrucks kann es bei längeren Ruhephasen zu starken Einschnürungen kommen! Deshalb sollte eine alleinige Bandagierung mit Langzubinden in der Kompressionstherapie nicht mehr zum Einsatz kommen.
  • Zinkleimbinden: bewirken eine schnelle Entstauung etwa zu Beginn der Therapie; werden feucht angelegt und entwickeln den Kompressionsdruck durch Aushärten. Die fehlende Elastizität bewirkt eine Verminderung des Anlagedrucks bei Abnahme des Beinumfangs etwa durch eine Ödemreduktion; ggf. Hautprobleme!

2. Fertige Bindensysteme/Mehrkomponentensysteme

  • Bestehen aus zwei-, drei- oder vier Komponenten, z. B. Polster- und Kompressionsbinden
  • Verbleiben bis zu 7 Tage
  • Verrutschen nicht
  • Anlagedruck bleibt je nach Entstauungssituation kontinuierlich bis zum nächsten Verbandwechsel

3. Fertige Strumpfsysteme/Ulcusstrümpfe

  • Ulcusstrümpfe bestehen aus zwei Komponenten: einen Unterziehstrumpf, der den Wundverband schützt und fixiert und einem klassischen Kompressionsstrumpf, der den Druckerwirkt.
  • Der Unterziehstrumpf mit einem geringen Anlagedruck verbleibt auch nachts am Unterschenkel. Der Überziehstrumpf wird jeweils nur tagsüber getragen.

4. Medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS) nach Mass
Je nach Indikation Anpassung in verschiedenen Kompressionsklassen als konfektioniertes
Fertigprodukt oder massangefertigter Strumpf-/Hose

  • Kommen zum Einsatz wenn eine Entstauung bewirkt wurde und das Ulcus abgeheilt ist.
  • Sind in der Regel als Rezidivprophylaxe ein Leben lang zu tragen.
  • Faltenfreies Anziehen beugt der Entstehung von Druckstellen oder Schnürfurchen vor
  • Der Patient sollte darauf achten, seine Fußnägel sorgfältig zu schneiden und zu feilen sowie die Hornhaut zu entfernen, um keine Ziehfäden im Material zu erzeugen.
  • Die dichte Strickung der MKS bedeutet eine besondere Belastung für die meist trockene und schuppige Haut. Die Haut unterhalb der Kompression bedarf daher spezieller Pflege.
  • Insbesondere Modelle der KKL I und II sind aus einer grossen Anzahl trendiger Farben wählbar.
  • Generell sind pro Halbjahr nur ein Paar Kompressionsstrümpfe verschreibungs- und durch die gesetzliche Krankenkasse erstattungsfähig. Bei der Erstausstattung können einmalig zwei Paare verschrieben und abgerechnet werden. Eine eventuell vorzeitige oder Mehrfach-Verschreibung ist durch frühen Verschleiss, besondere Beanspruchung oder eine Veränderung des Krankheitsbildes sowie hygienische Gründe gerechtfertigt
  • Die dichte Strickung der MKS bedeutet eine besondere Belastung für die meist trockene und schuppige Haut. Die Haut unterhalb der Kompression bedarf daher spezieller Pflege.
  • Insbesondere Modelle der KKL I und II sind aus einer großen Anzahl trendiger Farben wählbar.
  • Generell sind pro Halbjahr nur ein Paar Kompressionsstrümpfe verschreibungs- und durch die gesetzliche Krankenkasse erstattungsfähig. Bei der Erstausstattung können einmalig zwei Paare verschrieben und abgerechnet werden. Eine eventuell vorzeitige oder Mehrfach-Verschreibung ist durch frühen Verschleiß, besondere Beanspruchung oder eine Veränderung des Krankheitsbildes sowie hygienische Gründe gerechtfertigt
  • Pflege des Materials: Herstellerangaben berücksichtigen; aus hygienischen Gründen möglichst täglich zu waschen; üblich ist die Wäsche bei 30-40°C im Feinwaschprogramm, ggf. separat im Wäschenetz, unter Beigabe eines Feinwaschmittels (kein Einsatz von Vollwaschmittel, Haarshampoos oder Weichspüler!). MKS sind flachliegend auf dem Wäscheständer zu trocknen. Heizung, Wäschetrockner oder direkte Sonneneinstrahlung können der Elastizität oder einer eventuellen Beschichtung schaden. Bügeln, chloren oder chemische Reinigung zerstören das Material.

Tipp: Beim Übereinanderziehen der Strümpfe addieren sich die Kompressionsklassen auf. Somit kann eine KKL IV auch durch das Übereinanderziehen zweier Strümpfe der KKL II erreicht werden. Dies ist insbesondere für Patienten, die physisch nicht in der Lage sind, einen Kompressionsstrumpf von hoher KKL anzuziehen, eine bequemere Alternative. Eine weitere Möglichkeit ist das Anziehen von einzelnen Elementen übereinander, z.B. Capri- bzw. Radlerhose und Strümpfe, ggf. nocheinzelne „Vorfusssöckchen“.

Strickarten (nach AWMF-Leitlinien)
Medizinische Kompressionsstrümpfe werden in verschiedenen Arten gefertigt:

  • Flachgestrickt mit Naht, maschinengeformt, mit mindestens je einem verstrickten und einem eingelegten elastischen Faden in der zweiten Maschenreihe. Diese Strümpfe können sehr passgenau mit großer Kompressionsstärke hergestellt werden.
  • Ein- und doppelflächig rundgestrickt, nahtlos, maschinengeformt, mit mindestens je einem verstrickten und einem eingelegten elastischen Faden in jeder zweiten Maschenreihe. Dem rundgestrickten Strumpf sind bei der Formgebung Grenzen gesetzt. So können Extremitäten mit sehr kleinen Umfängen und extreme Umfangsveränderungen mit rundgestricktenStrümpfen nicht versorgt werden.

Verordnungsrelevante Angaben

  • Diagnose, Anzahl der Strümpfe (ein Stück oder ein Paar), Kompressionsklasse, offene oder geschlossene Fussspitze
  • Länge der Strümpfe: Wadenstrumpf A-D, Halbschenkelstrumpf A-F, Schenkelstrumpf A-G, Kompressionsstrumpfhose A-T
  • b. Bed. der Zusatz „nach Mass/Massanfertigung“
  • b. Bed. der Zusatz „flachgestrickt“ *)
  • b. Bed. Verordnung von Befestigungen wie Hautkleber/Klebestift, Haftband, Hüftbefestigung oder weitere Zusätze wie Hosenschlitz, Kompressionspelotten, Reisverschluss, Leibteil mit Kompression
  • b. Bed. zusätzliche Verordnung von Anziehhilfen (siehe Anziehhilfen)
  • Kennzeichnung des Feldes „7“ für Hilfsmittel

*)
- Flachgestrickt mit Naht: zum Einsatz bei Ödemen, sehr passgenau, mit großer Kompressionsstärke herzustellen
- Rundgestrickt ohne Naht: zur Therapie von Venenerkrankungen; Grenzen bei der Formgebung;
- insbesondere bei starken Variationen in den Extremitätenumfängen - Die Farbe ist nicht Bestandteil der ärztlichen Verordnung und daher frei wählbar.

Anziehhilfen

  • Dienen dem Schutz und der Schonung des Strumpfmaterials
  • Dienen zur Erleichterung des Anlegens von Kompressionsstrümpfen
  • Sie ermöglichen insbesondere Patienten mit Bewegungseinschränkungen den Umgang mit den Materialien, da sie den Bewegungs- und Kraftaufwand minimieren.
  • Haben eine Hilfsmittelzulassung
  • Modelle für offene als auch für geschlossene Systeme sind erhältlich.
  • Genoppte Haushaltshandschuhe erhöhen zusätzlich die Griffigkeit der Hände und erleichtern das Anziehen der Strümpfe.

Kompressionsklassen

  • KKLI = 20 mmHg (18-21 mmHg): geringster Anlagedruck; Indikationen: Schweregefühl in den Beinen, geringfügige Varikosis mit wenig Ödemneigung, beginnende Schwangersc haftsvarikosis, Vorliegen einer pAVK
  • KKLII = 30 mmHg (23-32 mmHg): mittlere Kompression; Indikationen: stärkere Beschwerden, ausgeprägte Varikosis mit Ödemneigung, ausgeprägtere Schwangerschaftsvarikosis, Schwellungszustände im Anschluss an die Abheilung kleinerer Ulcera oder oberflächiger Thrombophlebitiden, nach invasiver Therapie einer Varikose
  • KKLIII = 40 mmHg (34-46 mmHg): kräftige Kompression; Indikationen: Folgezustände der postthrombotischen venösen Insuffizienz bei ausgeprägter Ödemneigung, sekundäre Varikosis, Atropie blanche und/oder Dermatoliposklerose, zur Abheilung rezidivierter Ulcera, Lymphödem, Lipödem
  • KKLIV = >49 mmHg, meist 60mmHg: sehr kräftige Kompression; Indikationen: ausgeprägtes Lip- bzw. Lymphödem, elefanthiasische Symptome

6. Apparative Intermittierende Kompression (AIK)
Durch eine elektrische Pumpe wird in einem Ein- oder Mehrkammerluftkissen, das um das Bein angelegt wird, ein variabler Druck erzeugt. Ohne Einsatz der Muskelpumpe verbessert dieses System die Blutzirkulation und bewirkt gleichzeitig eine Druckentlastung in den Ruhephasen. Je nach Therapieplan kommt die AIK in individuell abgestimmten Intervallen und Druckwerten über dem Kompressionsverband des Patienten zur Anwendung. Gute Unterstützung bei immobilen oder bewegungseingeschränkten Patienten.
Cave: Der Abfluss über das Lymphs ystem muss gewährleistet sein → ergänzend manuelle Lymphdrainage